Projektbeschreibung:
Das Konzept „Lerntheken“ wurde in den vergangenen Jahren an der Gesamtschule Eiserfeld für den Mathematik-Unterricht entwickelt. Diese Art des Unterrichtens wird in ca. 90 Prozent der Gestaltung des Mathematikunterrichts angewendet. Nach einer etwa zwei- bis dreistündigen Einführung erfolgt die entdeckende Arbeitsphase mittels Lerntheken. Bei dieser Unterrichtsmethode werden einzelne Aufgaben nach einem festgelegten Design-Schema auf laminierten Karteikarten an einer Stelle in der Klasse gesammelt. In freier Arbeit können die Schülerinnen und Schüler sich die Karten eigenständig heraussuchen und bearbeiten. Hierbei wird zwischen verschiedenen Farben unterschieden. Grün steht für einfache Grund- rechnungen, gelbe Karten weisen auf einen mittleren Schwierigkeitsgrad hin und rote Karten, die jedoch auf freiwilliger Basis zu bearbeiten sind, auf besonders anspruchsvolle Aufgaben. Lilafarbene Lernkarten, auf denen die Rechenregel noch einmal genauer erklärt wird, dienen als Hilfestellung. Die Lösungen der Aufgaben stehen in den allermeisten Fällen auf der Rückseite der Karten. Dadurch bekommen die Lernenden direktes Feedback, ob sie die Station erfolgreich gelöst haben. Außerdem erhalten sie die Möglichkeit, die einzelnen Stationen in ihrem eigenen Tempo zu bearbeiten. Ihnen wird demzufolge ein hohes Maß an Ehrlichkeit und Selbstständigkeit zugesprochen. In höheren Jahrgangsstufen gibt es die Möglichkeit, die gesamte Einheit digital auf dem Tablet abzurufen. Die Lerntheke dient auch dabei als Rahmenmethode, um zahlreiche Aufgaben, Projekte und Methoden zu vereinen. So entstand beispielsweise die Lerntheke zu den quadratischen Funktionen in Zusammenarbeit mit Sportlehrern. Diese fordert die Schülerinnen und Schüler zu Sprüngen und Würfen auf, die mit dem Handy fotografiert und dann mathematisch analysiert werden müssen.
Das Besondere:
Das entdeckende Lernen steht stark im Vordergrund. An den Stationen finden sich immer wieder realweltliche Probleme, die die Lernenden selbst ganz neu durchdenken müssen. Das echte Lernen wird von der Tafel weg und hin zum Schüler verlagert. Besonders zukunftsorientiert ist die Bereitstellung der Lerntheken als freies Open-Educational-Resources-Material. Hierdurch haben Lernende und Eltern, aber auch Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen die Möglichkeit, das gesamte Material einer Unterrichtseinheit herunterzuladen und erhalten dadurch eine hohe Transparenz über den aktuell behandelten Lernstoff im Mathematik-Unterricht. So konnten einzelne Lerntheken auch in andere Sprachen übersetzt werden. Dank dieser Methode können sich auch Kinder mit geringen Deutschkenntnissen aktiv am Mathematik-Unterricht beteiligen und gefördert werden. Im Frühjahr 2017 startete ein Projekt mit einer serbischen Schule, die mit dem gleichen System arbeiten will. Passende Aufgaben werden adaptiert und übersetzt.
Erfahrungen und Ergebnisse:
Das hohe Maß an Selbstorganisation des individuellen Lernfortschrittes innerhalb der komplett vorbereiteten Lernumgebung ermöglicht der Lehrkraft Freiräume, sich intensiv mit einzelnen SuS auseinandersetzen zu können, ohne dass andere Lernende warten müssen bzw. Nachteile haben. Bemerkenswert ist die Schüler-Aktivität von nahezu 100 Prozent. Das Medium „Karte“ stellt für die Schülerinnen und Schüler eine zu bewältigende und damit motivierende Aufgabe dar, das Mathematik-Buch oder das nächste und übernächste Arbeitsblatt mit unzähligen Aufgaben kann häufig eher ermüdend wirken. Die Erfahrung zeigt, dass Lernende durch diese Methodik Lust am Lernen und Forschen entwickeln.
Aus den Gutachten:
„Das Konzept der Lernkarten orientiert sich an der Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler und ermöglicht den Lernenden einen stets verfügbaren Wissensspeicher. Da die Schülerinnen und Schüler selbst das Lerntempo in einem vorgegebenen Rahmen gestalten
können, verspricht diese Unterrichtsform ein weitestgehend angstfreies Lernen.“