Preisträger

Unterricht innovativ
2024
Sonderpreis „Kulturelle Bildung” der PwC-Stiftung

„Philipp Reis - Kommunikation früher, heute, morgen in Wort, Ton und Bild“

Bettina Mähler mit Ekaterina Leo
Projektteam:

Bettina Mähler: Deutsch und Englisch; AG Kreatives Schreiben; Journalistin, Autorin
Ekaterina Leo: Kunst und Ethik; Künstlerin

v.l.n.r.: Bettina Mähler und Ekaterina Leo; Foto-Credit: Deutscher Lehrkräftepreis, 2025

Projektbeschreibung

Kommunikation ist als menschliches Urbedürfnis ein zentrales Thema unserer Gesellschaft – ob im Privaten, in der Politik oder in den Medien – und zwingende Voraussetzung für ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Anlass für dieses Unterrichtsprojekt war der 150. Todestag von Philipp Reis, dem Miterfinder des Telefons. Ziel des Projekts war es, das Thema Kommunikation aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten – historisch, gegenwärtig und zukunftsorientiert. Die beteiligten Schülerinnen und Schüler (SuS) setzten sich mit dem Thema kreativ und kritisch auseinander. Das fächerübergreifende und multimediale Projekt verknüpfte die Fächer Deutsch, Kunst und die Medienbildung, förderte kreative Ausdrucksformen und schuf eine Brücke zwischen historischen und modernen Kommunikationsmitteln. Beteiligt waren zwei externe, (über)regionale Kooperationspartner, das Museum Gelnhausen und der Hessische Rundfunk (hr2).

Das Projekt erstreckte sich über ein Schuljahr und umfasste mehrere Etappen:

1. Einführung & Recherche:
Die SuS wurden durch das Museum Gelnhausen in das Leben und Wirken von Philipp Reis eingeführt. Vor Ort recherchierten sie zu technischen Entwicklungen, seinem Leben und seiner Bedeutung für die heutige Telekommunikation.

2. Schreibworkshops:
In Zusammenarbeit mit der Autorin und Schauspielerin Nicole Horny entstanden kreative Texte, darunter fiktive Dialoge, Bedienungsanleitungen im historischen Stil für das Telefonmodell von Reis und Zukunftsvisionen aus der Perspektive eines in hundert Jahren lebenden Menschen.

3. Podcast-Produktion:
Nach Sprechübungen wurden die überarbeiteten Texte mit Unterstützung des Hessischen Rundfunks im Rahmen dessen Projekts „Junges Literaturland Hessen“ unter professioneller Anleitung mit Geräuschen und Musik (rechtefrei) vertont, geschnitten und veröffentlicht.

Schülerin spricht unterstützt durch eine Medienpädagogin (hr2) ihren Podcast ein
Schülerinnen schneiden ihre Aufnahmen mit dem Programm Audacity

5. Künstlerische Umsetzung:
SuS aus verschiedenen Kunstkursen der Oberstufe setzten die Texte der jüngeren Jahrgangsstufen nach einer Skizzen- und Feedbackphase in Zeichnungen, Installationen und Konzeptarbeiten um.

6. Ausstellung & Vernissage:
Die entstandenen Werke wurden im Museum Gelnhausen in einer mehrwöchigen öffentlichen Ausstellung mit einer feierlichen Vernissage präsentiert, bei der die SuS ihre Produkte selbst erläuterten.

Das Besondere

Das Besondere an diesem Projekt war die einzigartige Verbindung von verschiedenen Fachrichtungen, externen Partnern und kreativen Ausdrucksformen. So wurden vielfältige Wege zur Annäherung an das Thema Kommunikation gewählt: das geschriebene Wort, das gesprochene Wort, Töne und Musik als Unterstützung, Zeichnungen und Installationen auf der Basis der Texte. Durch die Kombination von Sprache, Ton und Bild entstand eine multimediale Auseinandersetzung mit Kommunikation, die weit über herkömmlichen Unterricht hinausging. Für die beteiligten Abiturientinnen und Abiturienten war das gesamte Projekt zudem Teil der künstlerisch-praktischen Prüfung.

Besonders wertvoll war die Kooperation mit dem Rundfunk und dem Museum als außerschulischem Lernort. Durch die Begleitung und praktische Anleitung durch Medienpädagoginnen des hr2 lernten die SuS neben dem Schreiben für das gesprochene Wort auch das richtige Einsprechen, Schneiden und akustische Gestalten ihrer Texte. Das Museum Gelnhausen stellte mit seiner Dauerasstellung nicht nur den historischen Kontext rund um Philipp Reis bereit, sondern diente auch als kreativer Arbeits- und Ausstellungsort.

Ein weiterer besonderer Aspekt war die öffentliche Präsentation der Arbeitsergebnisse. Die Ausstellung mit Vernissage bot den SuS eine Plattform, ihre Werke nicht nur innerhalb der Schule, sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch die Darstellung in der Presse in zwei Presseartikeln war sehr ausführlich und sehr positiv. Dies stärkte das Selbstbewusstsein der SuS und zeigte ihnen, dass ihre kreativen Beiträge wahrgenommen und wertgeschätzt werden.

Die verwendeten Unterrichtsstunden wurden schulorganisatorisch in Blöcken gebündelt, was eine (zeit)intensive Auseinandersetzung mit dem Thema ermöglichte. Insgesamt geht das Projekt deutlich über den Regelunterricht hinaus und wirkt gleichzeitig impulsartig auf ihn zurück, denn Teile des Projektes lassen sich in Phasen des Unterrichts übernehmen und einbinden.

Aufbau der Ausstellung durch die SuS im Museum
Plakat zur Ausstellung

Erfahrungen und Ergebnisse

Besonders hervorgehoben wurde von den Teilnehmenden der sehr hohe Motivations- und Aktivierungsgraddurch eine augeprägte Schülerorientierung sowie die daraus resultierende gestalterische Freiheit in ihrer Arbeit. Die Texte und Kunstwerke sind nicht nur sprachlich und gestalterisch auf hohem Niveau überzeugend,sondern spiegeln die Gefühlslage, Ängste und Wünsche der SuS rund um das Thema Handy/Kommunikation wider. Viele Lernende berichteten, dass sie durch das Projekt einen neuen Zugang zum Thema Kommunikation gefunden und die historische Entwicklung von Sprachübertragung besser verstanden hätten.

Zwei Schülerinnen formulierten ihre Erfahrungen mit dem Schreibprojekt folgendermaßen:

„An einem Ort, an dem man sonst nicht ist, hat man neue Ideen. Die ganzen Objekte, die im Museum waren, färbten auf die Texte ab, die wir anschließend dort geschrieben haben. Wir machten neue Erfahrungen. Es gab eine andere
Wahrnehmung als zu Hause.“

„Während des Schreibens war es sehr ruhig und ich spürte, wie meine Ideen durch meinen Stift auf das Papier gelangten – es war eine wunderschöne Erfahrung.“

Ein besonders positives Erlebnis war die Aufnahme und Bearbeitung der eigenen Texte als Podcasts. Durch die intensive Arbeit mit den Medienpädagoginnen des Hessischen Rundfunks lernten die SuS neben technischen Fertigkeiten im Bereich der Audioproduktion auch, wie wichtig klare Sprache und ausdrucksstarkes Sprechen sind. Diese Erfahrungen führten bei vielen zu einer spürbaren Verbesserung ihrer mündlichen Ausdrucksfähigkeit und ihres Selbstvertrauens im Umgang mit ihrer eigenen Stimme.

Schülerprodukte auf der Webseite des Hessischen Rundunks

In der Phase der künstlerischen Umsetzung setzten sich die SuS nicht nur mit den Texten ihrer Mitschüler auseinander, sondern entwickelten eigene visuelle Interpretationen und experimentierten mit verschiedenen gestalterischen Techniken. Dies förderte sowohl ihre Kreativität als auch ihre Fähigkeit, sich durch Perspektivübernahme auf die Werke anderer einzulassen und diese wiederum durch Distanzierung weiterzuentwickeln.

Besonders motivierend war für viele SuS die abschließende Ausstellung mit Vernissage, die eine echte Wertschätzung ihrer Arbeit darstellte. Die Möglichkeit, die eigenen Produkte in einem professionellen Rahmen zu präsentieren, war eine neue Erfahrung und führte zu einem starken Gefühl der Selbstwirksamkeit. Die positive Resonanz von Lehrkräften, Eltern, der lokalen Presse und den Projektpartnern zeigte den SuS, dass ihre Arbeit ernst genommen wurde und eine echte Relevanz hatte, wodurch die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmenden gestärkt wurde.

Aus den Gutachten

„Das herausragende, jahrgangs- und fächerübergreifende Unterrichtsprojekt nutzt bestehende außerschulische Kooperationspartner und beleuchtet das Thema „Kommunikation“ unter diversen Perspektiven. Die multiperspektivisch, mit Querverweisen und Belegen gespickte Darstellung beschreibt die Besonderheit des Projekts für alle Beteiligten auf mehreren Ebenen. […] die für jedes Kriterium ausführliche und zum Teil über die Anforderungen hinausgehende Darstellung reflektiert auf anspruchsvolle Weise und in vielerlei Hinsicht die Preiswürdigkeit des Projekts.“

„Bei diesem Projekt sind alle beschriebenen Kriterien des Wettbewerbs in hohem Maße erfüllt. Die Einbindung der Bibliothek als außerschulischem Lernort und die Mitwirkung außerschulischer Mitstreiter, sowie das Aufbrechen von Fachschubladen und Jahrgangsdenken sind für alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler sehr motivierend. Besonders gelungen ist in meinen Augen die Zusammenarbeit mit der Stadt, die den Schülerinnen und Schülern die Stadtgeschichte dadurch näherbringt und wertvolles Heimatwissen impliziert (das aktuelle Thema Kommunikation, verbunden mit der Geschichte über einen „Sohn der Stadt“).

Eckdaten

Schule: Grimmelshausen Gymnasium Gelnhausen
Bundesland: Hessen
Jahrgangsstufe: Jahrgang 8 bis 13 (Leistungskurs und Grundkurs)
Fächer: Kreatives Schreiben und Kunst