Preisträger

Unterricht innovativ
2022
3. Preis

„Robotik – Phänomen-basiertes Lernen aus Skandinavien“

Paul Daniel Heiming

Foto-Credit: Heraeus Bildungsstiftung / Deutscher Lehrkräftepreis - Unterricht innovativ

Projektbeschreibung

Als Paul Daniel Heiming in einer Fachzeitschrift zum ersten Mal vom „Phänomen-basierten-Lernen“ (PBL) las, war sein Interesse direkt geweckt und der Wunsch entstand, PBL mit seinen Schülerinnen und Schülern auszuprobieren. Das Besondere daran ist, dass Fächergrenzen aufgesprengt und dadurch Zusammenhänge zwischen einzelnen Themen und Fächern besser aufgezeigt und verstanden werden können. Der Kern dieses Ansatzes ist also eine fächerübergreifende Zusammenarbeit. Herr Heiming sah auch gerade deshalb eine Chance in dem Ansatz, weil sich die Herangehensweise mit dem deckte, was er selbst schon des Öfteren beobachten konnte: Dass Schülerinnen und Schüler die Inhalte bestimmter Unterrichtsthemen und ganzer Fächer hinterfragten und so teilweise die Akzeptanz und Relevanz für das Lernen fehlte.

Neben dem methodischen Ansatz sollte das Projekt auch inhaltlich sinnstiftend und aktuell sein insbesondere im Hinblick auf den Wandel der Industrie und Gesellschaft durch die Digitalisierung, so dass „Robotik“ als Phänomen gewählt wurde, das im Mittelpunkt der Arbeit stehen sollte.

Robotik scheint auf den ersten Blick ein Thema für den Informatik-Unterricht zu sein, was es natürlich auch ist, denn hier bietet es sich sogar an, das Lernen spielerisch zu gestalten und den Schülerinnen und Schülern anhand eines Lego-Roboters praxisorientiert Programmierung und Mechatronik näherzubringen. Aber im Projekt sollten nicht bloß spielerisch praxisorientierten Unterricht gestaltet werden, es ging auch darum, die Fächergrenzen aufzuheben und anhand des Phänomens vorzugehen, nicht anhand des Unterrichtsfaches.

So wurde Schülerinnen und Schülern schnell klar, dass Robotik nicht nur EIN Thema für EIN Schulfach ist, sondern dass auch in Religion und Geschichte Gespräche und Diskussionen entstehen, die sich mit Robotik befassen und dass die Kompetenzen, die sie in diesen Schulfächern erlernen, wichtig und vor allem nützlich sind, um eigene Ideen und Gedanken auszudrücken oder weiterzutragen.

Die Schülerinnen und Schüler diskutierten beispielsweise in Religion darüber, wie neue Technologien wie unbemannte Drohnen im Krieg ethisch einzuordnen sind. In Gesellschaftslehre wurde darüber gesprochen, welche Entwicklungen diese Technologien mit sich bringen. Bei diesen Überlegungen zu möglichen zukünftigen Problemen durch solche Entwicklungen entstand der Wunsch nach Lösungsansätzen, die die Schülerinnen und Schüler in einem Planspiel modellierten. Die im Planspiel erarbeiteten Lösungsansätze stellten die Schülerinnen und Schüler anschließend dem langjährigen Abgeordneten für Südwestfalen und Mitglied im Europäischen Parlament Dr. Peter Liese vor. Den Schülerinnen und Schülern wurde so ausgehend vom Phänomen „Robotik“ klar, dass aktuelle Themen, unterschiedliche Schulfächer und auch die Welt außerhalb der Schule zusammenhängen.

Außerhalb der Schule setzte Paul Daniel Heiming zudem auf Kooperationspartner. Darunter waren Firmen aus der Region, aber auch börsennotierte Unternehmen, NGOs und Stiftungen oder Kulturinstitutionen. Wie z.B. die Sparkasse, die Universität in Soest, die Bürgerstiftung Hellweg-Region oder auch Amazon future engineer. Dieses Zusammenarbeiten zeigte den Schülerinnen und Schülern noch einmal deutlich den Lebensweltbezug ihres Unterrichts auf und führte zu einer Verknüpfung von Wissensthemen, die im sonstigen Schulalltag manchmal schwierig zu erreichen ist.

Die Robotik als Phänomen bot vielseitige Perspektiven und ermöglichte gleichzeitig einen praxisorientierten und spielerischen Unterricht.
Beim Phänomen-basierten-Lernen werden Fächergrenzen aufgelöst und Phänomene von verschiedenen Perspektiven aus betrachtet.

Das Besondere

Die Schülerinnen und Schüler lernen Schule neu kennen und erfahren, dass Themen Bedeutung über die Fächer hinaus haben, und ihr Wissen in vielen Bereichen Anwendung finden kann. Diese Erfahrung zeigt ihnen die Relevanz gelernter Inhalte und erworbenen Wissens auf – nicht nur in der Schule oder für die Klausur, sondern für die gesamte Interaktion mit ihrer Umgebung. Dabei ist es der fächerübergreifende Wissenserwerb und Denkansatz einerseits, andererseits aber vor allem auch die Arbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern, die den Schülerinnen und Schülern ermöglicht zu erkennen, dass sie durch Lerninhalte aus der Schule zu aktiven Teilnehmenden des täglichen Lebens werden und ihre eigene Zukunft wie auch die der Region, die von Unternehmen und Wirtschaft oder der Gesellschaft als Ganze mitgestalten können.

Erfahrungen und Ergebnisse

Das Feedback der Schülerinnen und Schüler zum PBL-Kurs „Robotik“ ist durchweg positiv, das Interesse an aktuellen Themen und Medien wurde geweckt und die Schülerinnen und Schüler agieren aktiver und bewusster als Teilnehmende der Gesellschaft. Sie interessieren sich plötzlich mehr dafür, was in der Zeitung steht und was in der Welt oder an der Börse vor sich geht, welche Entwicklungen mit welchen Entscheidungen zusammenhängen und welche Konsequenzen ihr eigenes Handeln hat. Nicht zuletzt erkennen sie so natürlich auch, dass ihre Schulfächer keine starren Grenzen haben, sondern alles mit allem zusammenhängt und die Kompetenzen, die ihnen in der Schule vermittelt werden, wichtiges Werkzeug für ihr eigenes Wirken sind.

Das PBL orientierte sich stets am Lernplan, schaffte es aber trotzdem, Fächer zu verbinden und gesellschaftswissenschaftliche Fragestellungen zu thematisieren. Der Unterricht verlief ruhiger, die Schülerinnen und Schüler arbeiteten konzentrierter und erkannten die Sinnhaftigkeit des Unterrichts und ihre damit verbundenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern hatte nachhaltige Effekte für die Schule, da Möglichkeiten für Praktika, Bewerbungstrainings oder Vorträge geschaffen wurden. Nicht zuletzt erlangen Schülerinnen und Schüler ein neues und starkes Bewusstsein unserer Gesellschaft und ihres eigenen Anteils daran.

Aus den Gutachten

„Das Innovative bei diesem Vorgehen liegt zum einen in der fächerübergreifenden Behandlung des Themas ‚Robotik‘, zum anderen folgt der Unterricht dem Prinzip des ‚Phänomen-basierten Lernens‘.“

„Die umfangreichen Möglichkeiten, die durch das Projekt für die Schüler*innen, aber auch für die Kooperationspartner*innen entstanden sind, sind bemerkenswert. Das fächerübergreifende Lernen und der Realitätsbezug sind definitiv äußerst gewinnbringend und deutlich hervorzuheben.“

Eckdaten

Schule: Sekundarschule Warstein
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Jahrgangsstufe: 9 und 10
Fächer: Deutsch, Geschichte, Religion, Informatik