Preisträger

Unterricht innovativ
2021
2. Preis (Cornelsen Preis)

„Unsere Fragen zur Klimakrise“

Projektteam:

Stefan Junker und Team (15 Lehrkräfte) in Zusammenarbeit mit Dr. Tobias Bayr (Geomar Kiel) und Carina Kruse (Umweltschutzamt der Stadt Kiel)

Fotocredit: Viktoria Micheel

Projektbeschreibung

Dem Lehrkräfteteam um Stefan Junker von der Max-Planck-Schule Kiel ist es nicht nur gelungen, das Thema „Klimakrise“ praxisnah in den Unterricht zu bringen, sondern sie haben es auch geschafft, dass die Schülerinnen und Schüler gern am Projekt mitarbeiten und stolz auf ihre Erfolge sind. Das Fazit der Schülerinnen und Schüler: „Das ist unser Projekt. Damit haben wir schon viel erreicht. Und wir machen immer weiter!“

Zu Beginn einer neuen Unterrichtseinheit will Stefan Junker wissen, was seine Lerngruppe interessiert – gerade beim Thema Klimakrise bringen Schülerinnen und Schüler ein ganz unterschiedliches Vorwissen und verschiedene Interessen mit. Er fragte daher im Sommer 2019 nach, welche Fragen die neue Klasse zur Klimakrise habe. Es zeigte sich schnell: Es gab eine Menge Fragen. Nach etwas Clustern und Gewichten standen am Ende sieben zentrale Fragen an der Tafel, die beantwortet werden sollten. So fanden sich die Schülerinnen und Schüler in insgesamt sieben Gruppen zusammen, jede mit ihrer eigenen Forschungsfrage. Für die Beantwortung der Fragen benötigte es Unterstützung in verschiedenster Form, vor allem aber Expertenwissen auf verschiedenen Gebieten. Es wurde schnell klar, dass nicht nur  renommierte Wissenschaftszentren gute Kontaktadressen sind: Auch die Interdisziplinarität innerhalb der Schule ist hilfreich und bereichernd, da einzelne Lehrkräfte – gerade in den Naturwissenschaften – unterschiedliche Expertise mitbrachten. Wichtig war aber auch die Unterstützung der Englisch-Lehrkräfte, um den aktuellen Stand der Wissenschaft (u.a. IPCC-Bericht) zu verstehen.

Während die Schülerinnen und Schüler sich immer intensiver mit ihrer Forschungsfrage auseinandersetzten, lernten sie schnell, dass sie diese im Recherche-Prozess immer wieder neu anpassen und ausrichten müssen.

Auf die Beantwortung ihrer eigenen Forschungsfrage war die Klasse schon stolz und schnell stellte sich die Frage, was nun mit diesen lohnenden Erkenntnissen angefangen werden sollte. Die Antwort war ebenso schnell gefunden: Sie wollten diese wichtigen Informationen möglichst vielen Menschen zukommen lassen.

Auch hier war allen schnell klar, dass man gemeinsam mehr erreicht: Durch Kooperationen mit dem Umweltamt der Landeshauptstadt Kiel und vielen lokalen Einrichtungen, Veranstaltungen wie der Kieler Klimawoche sowie über die eigene Schul-Homepage und die spätere Verbreitung via Social Media durch Profifußballer oder Unternehmen konnte der Kurs sowohl online als auch offline eine breite Öffentlichkeit erreichen. Damit wurde das Projekt in Kiel und im Umland an vielen Orten sichtbar. Auf der Kieler Klimawoche beispielsweise informierten Schülerinnen und Schüler über ihre Erkenntnisse und diskutierten mit den Bürgerinnen und Bürgern, was für eine Veränderung des Handelns in der Gesellschaft passieren müsse.

Plakat zum Klimaflyer

 

Das Autoren-Team des Klimaflyers. Fotocredit: Viktoria Micheel

 

Das Besondere

Das Besondere an dem Projekt ist, dass die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Fragen zuerst in Kooperation mit anderen Fächern und vor allem mit Expertinnen und Experten selbst beantworten und dokumentieren konnten und danach ihr Wissen mit einer möglichst großen Öffentlichkeit teilen wollten und geteilt haben.

Die Schülerinnen und Schüler lernten dabei nicht nur den Mehrwert von Kooperationen mit Partnerinnen und Partnern außerhalb der Schule kennen („Ich hätte nie gedacht, dass uns so viele Menschen unterstützen würden!“). Sie erlebten, dass die Welt nicht in Schulfächer aufgeteilt ist und erfuhren, wie die einzelnen Fächer in einem Zusammenspiel besonders lohnend sein können.

Sie lernten Strategien kennen, wie man möglichst viele Menschen erreichen kann, um wichtige Informationen weiterzugeben und durften durch ihr Handeln Selbstwirksamkeit kennenlernen sowie die Erfahrung machen, dass sie selbstständig und unabhängig sind und gleichzeitig als Team viel mehr erreichen können, als sie es sich zugetraut hätten.

Die Struktur des Projektes lässt sich dabei auf nahezu alle Klassenstufen und alle relevanten Themen übertragen. Je älter die Schülerinnen und Schüler sind, desto eigenständiger können sie das Projekt umsetzen, doch auch die Willensstärke und Wissbegierde jüngerer Schülerinnen und Schüler sollte man hier nicht unterschätzen.

Erfahrungen und Ergebnisse

Die eigenständige Arbeitsweise und die Erfahrung, dass alle im Team mitarbeiten müssen, um gemeinsam Großes zu erreichen, führte dazu, dass die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen im Kurs über die Zeit merklich gestiegen ist. Im schulischen Kontext profitieren die Schülerinnen und Schüler von ihrer Recherche-, ihrer Präsentations- und ihrer Planungskompetenz sowie von der Erkenntnis, dass es sinnvoll ist, immer wieder Expertinnen und Experten zu kontaktieren, wenn man nicht weiterkommt.

Das Vernetzen von Fachinhalten unterschiedlicher Fächer ist zu einer Selbstverständlichkeit für die Klasse geworden. Die Schülerinnen und Schüler haben durch das Projekt erkannt: „Zusammen können wir richtig etwas verändern!“ und „Je größer das ‚Wir‘ ist, umso besser sind die Chancen dafür, dass wir etwas bewirken können“. Und „es war toll, so viel Support zu bekommen!“ Oder ganz knapp „Wir haben mit diesem Projekt unfassbar viel erreicht. Das gibt mir Mut für neue Projekte!“

Darüber hinaus wirkte sich das Projekt auch auf die Freizeitgestaltung der Schülerinnen und Schüler aus: Viele engagieren sich seitdem auch neben der Schule und haben die aktive Mitgestaltung ihrer Umgebung und Zukunft für sich entdecken können.

Workshop Klimawoche. Fotocredit: Viktoria Micheel

 

Besuch bei Boris Herrmann. Fotocredit: Viktoria Micheel

Aus den Gutachten

„Dieses Projekt verbindet vorbildlich das Zusammenspiel von gesellschaftlichen Fragestellungen und deren wissenschaftliche Bearbeitung und Beantwortung im gesellschaftlichen Raum von Schule und deren Kontext. Dieses Projekt wäre zum Beispiel auch auf die Corona-Problematik übertragbar und würde so wertvolle Erkenntnisse vermitteln können, die heute leider häufig missverstanden werden wollen. Die Anknüpfung an den kommunalen Prozess und an den wissenschaftlichen Diskurs ist vorbildlich. Einfach ein tolles Projekt! Bravo!!!“

„Die Breite und Vielgestaltigkeit wie ebenso die Nachhaltigkeit des Projektes überzeugen. Es ist zweifellos nicht leicht, komplizierte Fragen überzeugend und verständlich zu beantworten. Gut ist die Konkretheit und die Nutzung wissenschaftlicher Expertise.“

Eckdaten

Schule: Max-Planck-Schule Kiel
Bundesland: Schleswig-Holstein
Jahrgangsstufe: Oberstufe (E-Q2)
Fächer: Englisch, Physik, Chemie, Biologie, Deutsch, Kunst