Projektbeschreibung
Das Buch „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger weist erschreckend viele Parallelen zur derzeitigen Lage auf. Die Hauptfigur, Joe Haak, flüchtet sich in das kleine Fischerdorf St. Prian. Nach und nach erfährt der Leser, dass der Protagonist als Analyst für eine große Investmentbank tätig war. Dort erfand er ein Computerprogramm namens „Cassie“, mit dessen Hilfe das Unternehmen Vorhersagen über wirtschaftliche Veränderungen machen kann. Als der Protagonist auf Wunsch seines Vorgesetzten den menschlichen Egoismus in einer Krisensituation dazufügt, kommt „Cassie“ zu dem Ergebnis, dass eine Kombination aus Ölknappheit und Grippewelle zum Untergang der Zivilisation führen wird. Zunächst scheint diese Prognose fehlerhaft zu sein, doch schließlich sind die Vorzeichen nicht mehr zu leugnen.
Durch die zahlreichen Parallelen zur Corona-Pandemie sind die Bedeutsamkeit der Thematik sowie der Lebensweltbezug dieser Unterrichtseinheit gegeben: Die Schüler:innen befinden sich derzeit in häuslicher Isolation und ihre Familien sind teilweise von den wirtschaftlichen Einschnitten maßgeblich betroffen. Bei vielen Schüler:innen löst die Corona-Pandemie auch Ängste aus, denn oftmals werden sie erstmalig mit existenziellen Problemen konfrontiert. Hier bietet das Buch durchaus eine positive Aussagekraft, so dass die Schüler:innen daraus auch Kraft schöpfen können, um die erlebte Krise zu verarbeiten.
Dieses Unterrichts-Projekt überzeugt insbesondere dadurch, dass ein klassisches Buch mit modernen Kommunikationsmitteln behandelt werden kann und entspricht den Fachanforderungen Deutsch der Sekundarstufe I und II für allgemeinbildende Schulen in Schleswig-Holstein. Während ansonsten oftmals Lesetagebuch oder Portfolio-Arbeit präferiert werden, bietet dieses Projekt den Schüler:innen unterschiedlichste Zugangsmöglichkeiten.
Grundsätzlich finden folgende Medien Einsatz:
- Buch: Es muss traditionell gelesen werden.
- Hörbuch: Leseschwache und auditiv geprägte Schüler:innen profitieren von dieser Variante.
- Computer: Das Material sowie die Ergebnisse werden digital übermittelt.
- Internet: Vornehmlich zwecks Informationsbeschaffung.
- E-Mail: Die Ergebnisse werden entweder als Text oder Bild an die Lehrer geschickt.
- Telefon: Austausch der Schüler:innen untereinander und mit den Lehrkräften.
- Film: Zwecks Informationsbeschaffung sowie eigene Dreharbeiten.
Dieses Projekt trägt zum Erwerb von Kompetenzen bei, die für eine verantwortliche soziale Teilhabe in einer digitalen Welt und einen erfolgreichen Berufs- und Bildungsweg erforderlich sind. Mediale Lernangebote unterstützen das selbstorganisierte, kooperative und räumlich-zeitlich flexible Lernen.
Sämtliche Aufgaben des Buchprojekts wurden mit einem Bearbeitungszeitraum versehen, die für die Schüler:innen sowohl Transparenz als auch Verbindlichkeit schafften. Die Abgabefristen sind so terminiert, dass jeweils wöchentlich Aufgaben aus den verschiedenen Fachrichtungen bearbeitet werden mussten. Dadurch gelang eine Vernetzung der Lerninhalte, denn kein Teilaspekt soll losgelöst vom Gesamtzusammenhang erarbeitet werden. Das Unterrichts-Projekt ist klar strukturiert und besitzt inhaltliche Klarheit.
Eine den Aufgaben zugeordnete Link-Sammlung vermittelt das erforderliche Fachwissen und erweitert das Methoden-Repertoire der Schüler:innen, sie liefert einerseits das nötige Handwerkszeug und verhinderte zugleich planloses Suchen im Internet: Gehaltvolle Wissensplattformen und seriöse Anbieter mussten konsultiert werden – statt die von den Schüler:innen ansonsten bevorzugten Seiten „Google“ und „Wikipedia“.
Das Besondere
Durch den aktuellen Bezug und den fächerübergreifenden Charakter des Unterrichts-Projektes konnte den Schüler:innen durch die Vermittlung fachlichen Grundwissens eine Mündigkeit verschafft werden, mit der sie in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kommunikativ und partizipativ handeln können.
Dieses Projekt erforderte nicht nur eine konstruktive Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation, auch die Herausforderungen des Home-Schoolings mussten dabei betrachtet werden. Statt den Schüler:innen bloß eingescannte Arbeitsblätter zukommen zu lassen, hat dieses Unterrichtsprojekt einen roten Faden und berücksichtigt Möglichkeiten und Grenzen der Beschulung auf Entfernung. Bei entsprechender Anpassung der Aufgabenstellungen könnten Schüler:innen der 8., 9. und 10. Klassen von dieser Form des Home-Schoolings profitieren.
Die Vielseitigkeit der Aufgabenstellungen spricht verschiedene Lerntypen an: Visuelle, auditive, haptische (soweit zuhause möglich) und intellektuelle Wahrnehmungskanäle werden angeregt. Hervorzuheben ist auch das Ausmaß der Selbstständigkeit, die den Schüler:innen abverlangt wird, das Wechselspiel von fachlichem und fächerübergreifendem Denken sowie die klar artikulierte, zielorientierte Thematik und Methodik. Sie entwickeln vernetztes Denken und können aktuelle Geschehnisse besser nachvollziehen und verstehen.
Die mit DaZ (Deutsch als Fremdsprache) gekennzeichneten Aufgaben sollen allen Schüler:innen die Möglichkeit geben, sich an diesem Buchprojekt zu beteiligen und sich die Inhalte erschließen zu können. Hören und Sprechen stehen dabei im Mittelpunkt, Lesen und Schreiben im handlungs-orientierten Kontext des Buches erfolgen nach individuellem Lernstand.
Durch den Einsatz einer Hörversion kann die Aussprache gezielt geübt und das Sprachgefühl trainiert werden. Durch das Aufnehmen der eigenen Stimme sollen Hemmungen abgebaut und ein konkreter Sprechanlass gegeben werden. Auch die fächerübergreifende Aufgabe, sich mit mindestens zwei Mitschüler:innen über das Buch auszutauschen, soll dies leisten. Dies ist besonders wichtig, denn es ist davon auszugehen, dass die Schüler:innen innerhalb ihres familiären Umfeldes wenig bis gar nicht deutsch sprechen werden.
Erfahrungen und Ergebnisse
Hauptintention des Unterrichtsprojekts: Die Schüler:innen erarbeiten eigenständig diverse Unterrichtsinhalte aus den Fachbereichen Wirtschaft/Politik (WiPo), Geografie und Deutsch, indem sie digitale Medien für die Erschließung eines analogen Mediums nutzen.
Erschließungskompetenz: Die Schüler:innen gewinnen Erkenntnisse weitgehend autonom durch Strukturierungen, Einordnungen und Analysen; sie erarbeiten das zur Verfügung gestellte Material in Hinblick auf die Fragestellungen eigenständig.
Sachurteilskompetenz: Die Schüler:innen setzen sich mit politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sachverhalten auseinander und ordnen diese kritisch und vergleichend in ihren Kontext ein. Werturteilskompetenz: Die Schüler:innen analysieren Anschauungen und Begründungszusammenhänge und formulieren eigene Standpunkte weitgehend differenziert.
Handlungskompetenz: Die Schüler:innen agieren auf der Grundlage demokratischer Grundsätze kommunikativ und partizipativ, indem sie unterschiedliche Standpunkte abwägen und eigene Entscheidungen treffen. Sie strukturieren ihre Lernprozesse weitgehend eigenständig und übernehmen Verantwortung für ihre Erfolge.
Aus den Gutachten
„Ansprechende, herausfordernde und handlungsorientierte Aufgabenformate sowie digitale Methoden-Vielfalt wirken aktivierend auf die Klasse, die mit schwierigen Lernvoraussetzungen einer besonderen Ansprache bedarf. Dieses Projekt wird durch die Vielseitigkeit und die ausführliche Beschäftigung mit den diversen Aspekten den Schüler:innen in Erinnerung bleiben.“