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BDA | MINT-Herbstreport 2024: Innovationsfähigkeit Deutschlands in Gefahr

Die MINT-Disziplinen und -Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) haben eine zentrale Bedeutung für die Innovationsfähigkeit und das Wachstum der deutschen Wirtschaft. Damit sind sie auch entscheidend für das Gelingen der Transformation in den nächsten Jahren. Die Arbeitskräftelücke im MINT-Bereich bleibt, trotz der starken konjunkturellen Abkühlung, auch im September 2024 mit einem Wert von 209.200 auf hohem Niveau und droht in den kommenden Jahren zu steigen. Bereits aktuell verlieren deutsche Unternehmen im globalen Innovationswettbewerb an Boden. Es bedarf daher dringender Maßnahmen, um den Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.

Berlin, 6. November 2024. Der starke konjunkturelle Einbruch in den Jahren 2023 und 2024 zeigt sich auch im Verhältnis von offenen Stellen zu Arbeitssuchenden in den MINT-Berufen, wenn auch in erstaunlich geringem Maße. Es können weiterhin 209.200 MINT-Arbeitsplätze nicht besetzt werden. Mit rund 109.100 Personen bilden die MINT-Facharbeiterberufe im September 2024 die größte Engpassgruppe, gefolgt von rund 77.700 Personen im Segment der so genannten MINT-Expertenberufe (Akademiker) sowie rund 22.300 im Bereich der Spezialisten- beziehungsweise Meister- und Technikerberufe. Differenziert man die Arbeitskräftelücke nach Bereichen, so zeigen sich die größten Engpässe in den Energie-/Elektroberufen mit rund 68.600, in den Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik mit rund 41.500, in den Bauberufen mit rund 30.800, in den Berufen der Metallverarbeitung mit rund 30.300 und in den IT-Berufen mit rund 18.700 Personen.

M+E-Industrie: die treibende Innovationskraft der deutschen Wirtschaft

Branchen mit einem großen Anteil an Erwerbstätigen mit einer MINT-Qualifikation weisen in Deutschland hohe Innovationsausgaben aus. Dies gilt besonders für die M+E-Industrie, in deren Branchen 55 bis 68 Prozent der erwerbstätigen Personen eine MINT-Qualifikation haben. Die deutsche M+E-Industrie investierte im Jahr 2023 rund 74 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. Das sind deutlich mehr als die Hälfte der gesamtwirtschaftlichen Innovationsaufwendungen Deutschlands. Damit diese Innovationstätigkeiten für die Herausforderungen der Zukunft weiter gesteigert werden können, sind gut ausgebildete Personen mit MINT-Qualifikationen essentiell.

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Fachkräfteengpässe zu den wichtigsten Hemmnissen bei Innovationsvorhaben zählen. Eine aktuelle Befragung des IWs zeigt darüber hinaus, dass für 44 Prozent der Unternehmen Fachkräfteengpässe die Digitalisierung im Unternehmen bremst, 29 Prozent werden durch Fachkräfteengpässe bei Klimaschutz und Energiewende gehemmt, 27 Prozent beim Umgang mit geopolitischen Risiken. Vor allem MINT-Fachkräfte sind für das Gelingen der Transformation von großer Bedeutung.

Wettbewerbsfähigkeit: Deutschland gerät im internationalen Vergleich ins Hintertreffen

Deutschland wird von hohen und steigenden Kosten für Energie, Löhne, Steuern und Bürokratie belastet und verliert im globalen Innovationswettbewerb an Boden. Insgesamt ist ein hoher Anteil der bestehenden industriellen Wertschöpfung in Deutschland gefährdet. Noch sind Stärken bei Forschung, Patenten und MINT-Bildung vorhanden. Neue Chancen bestehen zudem bei Technologien für den Klimaschutz. Andere Länder haben in den vergangenen Jahren zudem ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung gemessen am BIP stärker erhöht – mit der Folge, dass nach Auswertungen der IW-Patentdatenbank auch der Anteil Deutschlands an den internationalen Patentanmeldungen stark gesunken ist.

Ausblick: Demografie und rückläufige Bildungsleistungen belasten im Innovationswettbewerb

„Deutschlands Innovationskraft droht in den kommenden Jahren durch einen Mangel an MINT-Fachkräften deutlich zu sinken“, sagt Prof. Dr. Axel Plünnecke, Leiter der Studie und des Themenclusters Bildung, Innovation und Migration am Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Das künftige Angebot an MINT-Fachkräften wird durch die demografische Entwicklung und zugleich (laut PISA-Studie) durch sinkende MINT-Kompetenzen der in den Arbeitsmarkt nachrückenden Jahrgänge belastet. Andere Länder wie Japan oder Korea weisen deutlich bessere und stabilere MINT-Kompetenzen auf oder haben wie die USA, Frankreich, Dänemark und Schweden eine deutlich günstigere demografische Ausgangslage.

Schritte gegen den MINT-Fachkräftemangel

Folgende Maßnahmen sollten von einer Allianz aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ergriffen werden, um entlang der gesamten Bildungskette die MINT-Bildung zu stärken und damit der MINT-Fachkräftelücke entgegenzusteuern:

  • Potenziale der Frauen heben: Durch eine klischeefreie Berufs- und Studienorientierung, weibliche Role Models und Mentoringprogramme sollten mehr junge Frauen für MINT gewonnen werden.
  • Potenziale der Älteren aktivieren: Die Transformation erfordert eine zunehmende Weiterbildung von MINT-Kräften. Von der Digitalisierung betroffene Unternehmen investieren daher vermehrt in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In diesem Zusammenhang sollten Hochschulen ihre berufsbegleitenden Studiengänge ausweiten und mehr Angebote zur akademischen Weiterbildung machen. Zudem sollte der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für einen späteren Renteneintritt verbessern, um MINT-Fachkräfte länger im Arbeitsleben zu halten.
  • Potenziale der Zuwanderung erschließen: Die Potenziale des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sollten durch schnellere bürokratische Prozesse besser gehoben werden. Besonders attraktiv ist ferner die Zuwanderung über die Hochschule, da ein hoher Anteil der Absolventinnen und Absolventen aus demografiestarken Drittstaaten stammt und in akademischen MINT-Berufen arbeitet.
  • Chancen im Bildungssystem verbessern: Um die MINT-Kompetenzen zu erhöhen und Bildungschancen zu verbessern, sollte die frühkindliche Bildung gestärkt, hochwertige Ganztagsangebote ausgebaut, Sprach- und Leseförderung intensiviert und zusätzliche, über einen Sozialindex differenzierte, Mittel zur individuellen Förderung der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden. Das Startchancenprogramm sollte evaluiert und erfolgreiche Modelle auf weitere Schulen ausgeweitet werden.
  • Digitale MINT-Bildung voranbringen: Die digitale Bildung sollte in der Lehrkräfteaus- und -weiterbildung gestärkt und digitale Lehrangebote weiterentwickelt werden. Digitale Medienbildung sollte bereits in der Vorschule und das Fach Informatik ab der Primarstufe eingeführt werden. Die digitale Mündigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen eines übermäßigen privaten Medienkonsums, sollte gestärkt werden. Ferner sind zur Stärkung der MINT-Bildung Maßnahmen entlang der gesamten Bildungskette zu entwickeln und außerschulische Angebote zu stärkenDie Motivation zum Mathematikunterricht und die Lernatmosphären sind zu verbessern.
  • Zur Sicherung der Qualität des Unterrichts an Schulen ist die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Lehrkräften sicherzustellen. Zur Unterstützung der Lehrkräfte, etwa auch zum erfolgreichen Voranbringen digitaler Konzepte, sollten multiprofessionelle Teams ausgebaut werden.

Studie ansehen: hier klicken.


Über den MINT-Report

Der MINT-Report wird zweimal jährlich vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln erstellt. Die Studie entsteht im Auftrag folgender Mitglieder des Nationalen MINT Forums: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Arbeitgeberverband Gesamtmetall und MINT Zukunft schaffen.


Pressekontakt
Mara Ascher
E-Mail: mara.ascher@nationalesmintforum.de
Mobil: +49 (0)159 / 01 85 80 16

Thorsten Timmerarens
Heraeus Bildungsstiftung
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Victoria Hildebrand
Deutscher Philologenverband
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